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Ich und Big Mama









Die Normalität der Anderen


Normal oder nicht normal!?!
Was heißt das eigentlich? Bedeutet das vielleicht, dass Männer für Frauen und Frauen für Männer bestimmt sind? Und was passiert dann, wenn sich ein Mädchen in ein Mädchen verliebt? Oder ein hübscher Junge - naja, ihr wisst schon, was ich meine.
Oder weißt du es gar nicht?
Ok. Ich gehe mal anders ran.
Ich hasste Schwule!
Schon immer hatte ich ein Problem mit "den Anderen", da ich nie begreifen konnte, warum sie anders sind?!! Warum waren sie nicht so wie ich und all
die Leute, die sich "normal" nennen?
Nun, "die Anderen" sind eben auch normal, auf ihre Art und Weise. Sie haben auch Gefühle, genau wie andere. Sie können genauso intelligent oder weniger intelligent sein. Und jetzt könnte ich alle menschlichen Eigenschaften aufzählen. ALLE. Da wir alle Menschen sind. "Die Anderen" auch. Fehler hat jeder. Ich selbst habe einen großen Fehler gemacht, als ich gedacht habe, dass sich meine Meinung gegenüber den Homosexuellen nie ändern
wird. Davon war ich fest überzeugt.
Hm. Fest? Zum Glück habe ich mich getäuscht!
Als ich das erste Mal in Berlin war - das war im April 2004 - hatte ich den Wunsch, unbedingt in eine Bar oder Diskothek zu gehen, wo Homosexuelle verkehren. Dieser Wunsch ist mir erfüllt worden. Obwohl meine Berliner Projektpartnerin sehr erstaunt war, hat sie gern eingewilligt. So kamen wir eines Abends in der "Busche" an. Die "Busche" klingt komisch, nicht? So hieß eine Diskothek, in der viele Schwule und Lesben tanzen gehen. Zuerst hatte ich mir gedacht, dass ich gar nicht hineinkäme, zum Glück durfte ich dann doch und ich muss sagen, ich habe mich prächtig amüsiert. Ohne Tanzen ging das
natürlich nicht.
Man könnte es ja normal nennen, dass man von Jungs angebaggert wird. Aber wenn man bemerkt, dass es eine ausgeflippte Blondine ist - ich bin fast in Ohnmacht gefallen. Danach folgte eine direkte Frage: "Bist du lesbisch?" Ich, die befragte Person, schwieg nur. Ich schwieg und hatte keine Ahnung, was ich antworten sollte. Nach einer kurzen Denkpause konnte ich meinen Mund wieder öffnen und "NEIN" sagen. Es hat aber nicht aufgehört.
Ich wurde mit anderen Fragen bombardiert. "Aha dann bist du Bisexuell…", fragte sie weiter.
"Nein, bin ich nicht!" - "Was suchst du dann hier?" - "Ich wollte euch kennen lernen. Euch alle!"
Zuerst lächelte sie nur, dann fing sie an, laut zu lachen.
Jetzt ging´s los. Meine Frage an sie lautete: "Wieso bist du denn lesbisch? Und wann hast du das bemerkt?" Das Mädchen hat mich aufgeklärt. Sie war gar nicht lesbisch, sondern eben bisexuell. In dieser Sekunde packte mich ein unheimliches Gefühl.
Bisexuell zu sein, also in Rumänien würde mir niemand so was Intimes verraten.
Plötzlich bemerkte ich zwei Jungs, die sich gerade küssten. Natürlich waren sie nicht die Einzigen. Es schien mir irgendwie vernünftig die beiden ebenfalls zu befragen, so folgten die ganz typischen "Andrea Fragen". Warum? Seit wann? usw. Na, was denkst du, wie haben die Armen reagiert?
Sie haben mich ausgelacht! Die Jungs kamen aus Polen und waren ganz "normale" Studenten.
Hoffentlich bemerkt ihr, dass ich normal immerzu in Anführungsstrichelchen geschrieben habe. Warum wohl? Weil sie normal sind! Sie liebten einander! Sie waren glücklich! Sie waren NORMAL! Munter! Und ich war auch ziemlich munter an diesem Abend. Es war ein tolles Gefühl, dass ich endlich andere verstehen konnte. Besonders toll war es, dass ich regelrecht spüren konnte, wie meine Vorurteile
verschwanden.
"Die Jagd" ging aber weiter. Mein nächstes "Opfer" war ein Mann. Ein Mann, der ein bisschen komisch aussah, aber er war eben doch ein Mann. (Wahrscheinlich ist es schon klar was nun folgte. Die Fragen… Die Antworten waren bezaubernd. Ein anderes Wort kann ich leider nicht verwenden.) Er ist seit sieben Jahren schwul. Und er fühlt sich gut. Alles hat damit angefangen, dass er auf einmal nicht mehr zufrieden war. Da stellt man sich doch die Frage, wo das Problem liegt. Im Bett!
In seinem Fall lag das Problem jedenfalls im Bett. So musste er wechseln. Es hat vor sieben Jahren angefangen.
Aber wann hört das auf? Nie. Das ist meine Antwort. Obwohl er Frauen immer noch hübsch findet,
will er nichts von ihnen. Liebe? Nur mit einem Mann!
Während dieser Diskussion tauchten aus dem Dunklen zwei wunderschöne Beine auf. So sah das jedenfalls von hinten aus … aber als "er", "sie" oder sollte ich lieber "es" sagen sich umdrehte, kriegte ich einen neuen Schock. Da stand ein Transvestit vor mir. Ein prächtig gebauter junger Mann, mit langen blonden Haaren und den schönsten weiblichen Beinen, die ich je gesehen habe. Rote Fingernägel, Schuhe mit Absatz und extra lange Wimpern. Und da stellt sich die große Frage. In welche Kategorie gehören die Transvestiten? Leider verstehe ich dies bis heute nicht.
Muss wohl noch daran arbeiten.
Das war meine gewünschte Erfahrung, und ich bin froh, dass ich die Möglichkeit hatte, diese Menschen kennenzulernen. Oder war ich die "Normale" eine Minderheit in ihren Augen? Jedenfalls kann ich behaupten, dass sie alle, in meinen Augen jetzt normale Menschen sind. Menschen, deren Gefühlswelt sich von meiner in nichts unterscheidet. Und wenn sie sich so wohl fühlen, wie sie sind,
dann haben wir, "die Anderen", nicht das Recht über sie zu urteilen. So wie ich es vorher getan habe.
Ich bewundere diejenigen, die ausreichend Mut haben und sich wegen ihrer "Normalität" in der Gesellschaft nicht schämen oder verstecken.
Toleranz fehlt. Wir müssen alle lernen andere zu tolerieren! Normal oder nicht normal? Das ist hier die Frage.

Text von Andrea Darnai

           

           

  

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