Seebergsteig

Im Berliner Stadtteil Grunewald gibt es eine Straße, deren Umbenennung einen Streit zwischen dem Bezirksparlament und den Anwohnern dieser Straße von über einem Jahrzehnt ausgelöst hatte.
Im September 2003 konnte der Seebergsteig dann endlich in Toni - Lessler - Straße umbenannt werden.

Am 14. April 1936 benannten die Nationalsozialisten in Ehren an Reinhold Seeberg, die nach dem liberalen Politiker Franz Günther Duncker benannte Dunckerstraße um.

Seeberg war ein protestantischer Theologe, der 1934, nachdem er vor allem in den 20er Jahren nationalsozialistische Romane veröffentlichte, gestorben ist. Als die Nationalsozialisten im Januar 1933 an die Macht gekommen waren, stellte sich Seeberg hinter sie und vertrat ihre politische Haltung.

Toni Lessler
Walter Benjamin Eigentlich wurde schon 1992 beschlossen den Seebergsteig in Walter - Benjamin - Straße umzubenennen. Da aber die CDU 1996 nach dem Beschluss die Mehrheit im Bezirksparlament erreicht hatte, machten sie diesen erst einmal rückgängig. Die CDU unterstützte die Anwohner bei diesem Streit von Beginn an.

Walter Benjamin war ein jüdischer Philosoph, der in diesem Stadtteil lebte und auf der Flucht vor den Nazis umkam.1
Nachdem die SPD und die Grünen wieder die Mehrheit im Bezirksparlament erlangt hatten, wurde die Straße nicht etwa umbenannt, nein, der alte Name blieb erst mal bestehen.
Eine Rückbenennung in Dunckerstraße kam aufgrund der Tatsache, dass es bereits eine Dunckerstraße in Berlin gibt, nicht in Frage.

Dann tauchte die Idee auf den Seebergsteig in Toni - Lessler - Straße umzubenennen. Und wieder stellte sich die Mehrheit der Anwohner und die CDU gegen die Umbenennung.

Toni Lessler lebte von 1874 bis 1952. 1902 kam Toni Lessler nach Berlin, wo sie 1912 eine Familienschule eröffnete. 1930 gründete sie die ?Private Waldschule Grunewald?, in der ab 1934 nur noch jüdische Schüler und Schülerinnen unterrichtet werden durften. Toni Lessler musste die Schule in ?Private Jüdische Waldschule Grunewald? umbenennen, bevor sie 1939 geschlossen wurde. Toni Lessler emigrierte daraufhin in die USA, wo sie am 5. Mai 1952 in New York starb.


Toni Lessler mit ihren Schülern
Nach einem zehn Jahre dauernden Streit zwischen Politikern und Anwohnern "siegte" schließlich Toni Lessler. Seit circa 2 Monaten heißt die Straße Toni - Lessler - Straße. Wie lange das noch so bleibt ist fraglich, da bereits ein Anwohner Einspruch gegen die Namensänderung eingelegt hat.

Straßenschild
Literatur:
Berliner Zeitung: Nummer 204; 2. September 2003; Bezirksnachrichten: Toni-Lessler-Straße statt Seebergsteig
Junge Welt: 11. Juni 2002; Nicht mehr tragfähig; Peter Nowak
Berliner Zeitung: Nummer 256; 2./3. November 2002; S. 19
Fehrs, Jörg H: Von der Heidereutergasse zum Roseneck. Jüdische Schulen in Berlin 1712-1942. Edition
Hentrisch, Hg. Arbeitsgruppe Pädagogisches Museum e.V.
www.charlottenburg-wilmersdorf.de: Pressemitteilung 29. August 2003; Umbenennung des
Seebergsteigs in Toni-Lessler-Straße
Allgemeine Jüdische Wochenzeitung: 21/00 vom 12.10.00; Unerwünschte Namensänderung
Berliner Zeitung: Nummer 248; Freitag, 24. Oktober 2003