"Carpe diem- Nutze den Tag"

Nach einigen Jahren Aufenthalt in der Schweiz entschloß sich Jizchak Schwersenz 1953, nach Israel auszuwandern. Dank seiner zahlreichen Verbindungen zu alten Freunden und Schülern, Carpe Diem - Glücklich in Israel die schon vor ihm nach Israel gekommen waren, fand Jizchak Schwersenz schnell eine Arbeit als Lehrer in Haifa. Da er noch in Deutschland Hebräisch gelernt und unterrichtet hatte, fiel ihm das zunächst noch ungewohnte Sprechen nicht lange schwer. Auch seine Schüler halfen ihm, indem sie ihn die Wörter, die er noch nicht kannte, lehrten und über seine Fehler Buch führten.

Neben der Arbeit bei den Pfadfindern und in der Schule unterrichtete er abends auf der Polizeischule und in Abiturkursen für Polizeianwärter jüdische Geschichte und Religion. Diese Schüler hatten in ihren Heimatländern oft keine Möglichkeit gehabt, einen Schulabschluß zu machen. Jizchak Schwersenz versuchte, sich mit der Kultur der aus arabischen Ländern stammenden sefardischen Juden sowie mit der der arabischen Israelis vertraut zu machen. Er kümmerte sich besonders um die Schüler, die aus solchen Familien kamen und oft besonderer schulischer Förderung bedurften. Oft besuchte er die Familien der Jugendlichen, auch wenn die arabischen Schüler manchmal in sehr weit entfernten Dörfern in Galiläa wohnten. Sein Haus entwickelte sich zu einem Treffpunkt für Jugendliche jeder Herkunft und Religion. Die Motivation dafür begründete er wie folgt:
Haifa, 1979 in der Reali-Schule

Es ist nicht schwer, einzelne Menschen zusammenzubringen und Freundschaften über die Religionen und Kulturen hinweg zu schließen [...] Meine Angst, gegründet auf die Erfahrungen in Deutschland, ist vielmehr, daß solche Freundschaften die Bewährungsprobe nicht bestehen, wenn Fanatiker irgendeiner Seite sagen: Du darfst mit deinem Nachbarn keinen Kontakt mehr haben, weil er Jude, Araber, Muslim, Christ oder sonst etwas ist.

Darüber hinaus nahm er wieder das Amt des Predigers und Vorbeters in einer deutschsprachigen Gemeinde in Haifa wahr und begann Vorträge in den Vereinen der "Jeckes", wie die jüdischen Einwanderer aus Deutschland genannt werden, zu halten. So blieb ihm seine Muttersprache vertraut. Doch nach Deutschland zurückkehren oder mit Deutschen zusammentreffen - das wollte er nicht mehr. Die Trauer und die schlechten Erinnerungen an die schwere Zeit in Deutschland wollte er nicht wieder aufleben lassen. So lehnte er auch die Bitte seines Freundes Arje Koch ab, deutsche Pfadfinder bei sich aufzunehmen. Doch wie es der Zufall wollte, erreichte seine Absage die Gruppe nicht mehr rechtzeitig, und so standen sie eines Tages bei ihm vor der Tür. Diese Begegnung verhalf ihm zu einem neuen Zugang zu den jungen, nach 1945 geborenen Deutschen. Seitdem besuchten ihn immer wieder deutsche Gruppen, die in Israel unterwegs waren.

Seit den siebziger Jahren lädt der Berliner Senat die ehemaligen jüdischen Bürger der Stadt ein, nach Berlin zu kommen. Immer wieder lehnte Jizchak Schwersenz die Einladung ab. Erst 1979 sagte er nach einigem Zögern zu, allerdings unter der Bedingung, zu Schülern sprechen zu können. So begann eine neue, intensive Vortragstätigkeit in deutschen Schulen und oft reiste er mehrmals im Jahr nach Berlin. Seine Verbundenheit mit Deutschland, der "alten Heimat" und der deutschen Sprache und Kultur erwachte neu. Seit 1991 lebt Jizchak Schwersenz wieder in Berlin.
Seine abschließenden Worte aus dem Dokumentarfilm "Trotz Alledem":

"Ja... Frieden ist eine schöne Utopie. Denn solange Waffen erzeugt werden, werden sie gebraucht werden. Man kann nicht auf der ganzen Welt Frieden schaffen, aber wir können etwas in unserem näheren Umfeld machen!"