Isaak Zuckerkandel

 

Isaak Zuckerkandel wurde 1921 in einer kleinen Stadt am süd-westlichen Rand Polens namens Bukowsko geboren.
Er führte dort bis zu seinem 18. Lebensjahr, mit seinen Eltern und Schwestern ein bescheidenes Leben.
Er beendete die Mittelschule und arbeitete danach in dem Geschäft seines Vaters und aushilfsweise in der Kanzlei eines Rechtsanwaltes.

Zwischen dem 1. September 1939, dem Einmarsch der deutschen Truppen in Polen, und dem Sommer 1940 war sein Tagesablauf von antijüdischen Anordnungen und Terroraktionen geprägt.
Er musste sein Privateigentum abgeben und wurde mit allen anderen Juden vom normalen gesellschaftlichen Leben abgeschottet. Jüdische Gotteshäuser wurden in Brand gesetzt, Versammlungen von mehr als drei Juden waren verboten. Es wurden ihre Geschäfte geplündert. Der Judenrat vor Ort musste innerhalb von 24 Stunden Sachgüter oder Geld an Soldaten oder Offiziere abliefern. Ihre Haustüren durften sie nachts nicht verschließen. Funktionäre der jüdischen Gemeinde wurden bei „privaten Nachtbesuchen“ der deutschen Besatzer schwer misshandelt.

Diese Phase beschreibt er selbst als die 1.- die „aushaltbare Phase“.

Die 2. Phase begann im Sommer 1940 mit der Zwangsarbeit. Zunächst mussten sich Juden zur Straßen- und Toilettenreinigung melden. Dann war die Zwangsarbeit immer auch mit Arbeitslagern verbunden. Unter Morddrohung verlangte die deutsche Firma Otto Heil vom Judenrat der Stadt Bukowski 150 Arbeiter für den Bau einer Strasse zu stellen. Auch Isaak Zuckerkandel wurde zu dieser Arbeit verpflichtet. Sie wurden in einer Holzhütte im Wald untergebracht. Täglich arbeiteten sie 10 Stunden. Ihre Bezahlung bestand aus 200g Brot, 1/4l Ersatzkaffee und einer Suppe. Bis zum Herbst musste er dort für diese Firma arbeiten.
Die Situation der polnischen Juden verschlechterte sich immer mehr. Not und Hunger bestimmten das Leben.
Wieder wurde er dienstverpflichtet, diesmal durch die Straßenbaufirma Kirchhof. Während der Arbeit mussten sie sich beschimpfen und schlagen lassen. Zeitweilig war er in einem Arbeitslager.

In seiner Heimatstadt begannen blutige Überfälle auf die jüdische Bevölkerung. An einem Junimorgen erschienen drei „Gestaposoldaten“ und erschossen zehn zufällig angetroffene Juden. Anschließend forderten sie den Judenrat der Stadt auf, die toten Juden, „den Schmutz“, zu entfernen. Solche Blutbade wiederholten sich immer wieder.
Bereits Anfang des Jahres 1942 mussten sich alle Juden zwischen 15 und 45 Jahren melden. Nur Arbeitsfähige bekamen einen roten Stempel und erhielten somit „Lebensrecht“.
Isaak Zuckerkandel bekam die Aufforderung, sich am 5. September zur Aussiedlung einzufinden. Außerdem wurde er auf  Folgendes hingewiesen: Wer die Aussiedlung erschwert oder gefährdet oder Beihilfe leistet, wird erschossen,
wer während oder nach der Aussiedlung Juden aufnimmt oder versteckt, wird erschossen, wer die Wohnung eines ausgesiedelten Juden betritt, wird als Plünderer erschossen und während der Aussiedlung ist das Stehen auf den Straßen verboten.

Am 7. September wurde Isaak Zuckerkandel in den Mittagsstunden in ein Übergangslager gebracht. Er wurde ins Westlager/ Westflügel eingewiesen. Auf engstem Raum lebten und schliefen 32 000 ausgesiedelte Juden. Einen Tag später kam ein Frachtzug an. 4000 Juden, darunter seine Familie  wurden abtransportiert. Durch spätere Nachforschungen erfuhr er, dass sie alle einen Tag später in Gaskammern starben.
Täglich folgten neue Musterungen. Arbeitsunfähige wurden selektiert. Täglich wurden Massenerschießungen durchgeführt. Die persönliche Gegenstände und die Kleidung der Toten musste durch andere Häftlinge anschließend sortiert werden.
Es gab nur eine Möglichkeit, dem Tod zu entkommen. Er musste diese täglichen Selektionen überstehen. Dazu versuchte er möglichst gesund und menschlich auszusehen, was unter diesen Umständen fast unmöglich war. Manchmal half ihm nur ein Zufall.

„Es war keine Klugheit, kein Heldenmut lediglich Widerstandskraft und viel Glück, dass alles überleben zu können.“